Call for Participation #51: Rechtspopulismus und Neue Rechte

Rechtspopulismus und Neue Rechte: Auf der Suche nach linken Gegenstrategien.
Call for Participation: Rechtspopulismus und Neue Rechte

In der arranca! Nr. 51 soll es schwerpunktmäßig um das gehen, was uns momentan alle beschäftigt, motiviert, schockiert; die viel zu erfolgreichen Bewegungen der Neuen Rechten in der BRD, Europa und der Welt. Abseits der Auswertung tagespolitischer Ereignisse und der Wiederholung gängiger Analysen und Strategien wollen wir den Blick auf das «Innere», die Struktur und Herkunft dieser Bewegungen legen. Wir wollen mit Euch einen Beitrag dazu leisten, die Hintergründe dessen zu verstehen, was gegenwärtig geschieht – und zu erforschen, was wir als Linke tun können.

Hierzu ist eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Kontext nötig: Sind Ereignisse wie die Wahlerfolge der Trumps, Le Pens und Petrys wütende Reaktionen auf die neoliberale Alternativlosigkeit? Handelt es sich beim Populismus um ein Sprachrohr für die breite Masse, die jetzt dazu befähigt ist, ihr Unbehagen am Status Quo zu äußern? Liegt das daran, dass die Linke es nicht geschafft hat dem Unbehagen, zu einem politischen Ausdruck zu verleihen? Muss eine linke Politik wieder die Klassenfrage in den Vordergrund rücken, muss sie wieder im Sinne Didier Eribons die Sprache der Arbeiter*innen lernen? Welche Rolle können Gewerkschaften dabei spielen? Oder bewegen wir uns vielmehr auf einer identitätspolitischen Ebene: Bündeln Trump und co die Affekte all jener, die sich in ihrer Identität durch Veränderung und Vielfalt bedroht sehen? Sollten wir angesichts dieser Lage die erkämpften bürgerlichen Freiheiten und Rechte verteidigen, oder ist es nötig, umso radikaler und kompromissloser zu handeln? Ist es an der Zeit für linken Populismus – mit der Gefahr der Verwässerung der eigenen Position, der Vereinnahmung durch etablierte Herrschaftsinstitutionen und der Legitimierung eigentlich reaktionärer Strukturen, Praktiken und Akteure? Oder sollten wir umso klarer Kante zeigen – und dadurch vielleicht den Anschluss an den Rest der Gesellschaft verlieren oder uns selbst in eine elitäre Abgehobenheit verstricken? Hilft hier die Unterscheidung zwischen Populismus und popularer Politik?

Wir müssen auch die erfolgreiche Etablierung der Rechten unter die Lupe nehmen: Liegt ihr strategischer Vorteil darin, dass sie mehr auf staatliche Strukturen aufbauen können als linke, die diese in der Regel nicht besetzen, sondern diese verändern oder zerstören wollen. Sind diese «Anti-Establishment»-Parteien nicht viel mehr mit dem Establishment verstrickt als sie zugeben wollen? Trifft das Gleiche nicht auch auf die rechte Medienkritik zu: Haben die Rechten nicht mittlerweile einen festen Sitz bei Illner und co?

Wie viel und welche Art von Veränderung ist eigentlich von den Neuen Rechten zu erwarten? Wird nicht unter dem Deckmantel eines großen chauvinistischen Spektakels einfach die alte neoliberale Politik weitergeführt? Und schließlich: Interessiert das die Unterstützer*innen dieser Bewegungen überhaupt? Hat vielleicht die Tatsache, dass größere Teile einst linker Bewegungen vor allem der 1970er Jahre im Politestablishment angekommen sind dazu geführt, dass eine massentaugliche Oppositionsbewegung (gar ein historischer Block?) heute rechts steht?

Und, wir wollen in die Zukunft blicken: Welche konstruktiven Perspektiven erwachsen aus der Situation einer erstarkenden Rechten für linke Bewegungen? Wie schaffen wir es, der Situation nicht ratlos gegenüber zu stehen, sondern linke Positionen, Bewegungen und Überzeugungen gerade jetzt zu stärken? Jenseits der Versuche, rechte Wähler*innen und Sympathisant*innen rechtspopulistischer Positionen «umzustimmen» bedeutet dies die Frage zu stellen, wie wir es schaffen können, linke Positionen zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt zu machen? Wie können uns bereits stattfindende Kämpfe und Proteste gegen rechte Regierungen, Parteien und Bewegungen dabei ermutigen, auch zuversichtlich in die Zukunft zu blicken? Wie stellen wir uns also von der jetzigen Situation aus gedacht eine rosige(re) Zukunft für linke Bewegungen vor und wie kommen wir dort hin?

Wir freuen uns über konkrete, strategische, optimistische und auch über experimentelle und utopische Antworten auf diese Fragen, gerne auch aus der Perspektive verschiedener sozialer Kämpfe. Wir freuen uns besonders über Vorschläge/Artikel von Leuten, die sich nicht in einem weißen-cis Men Sprektrum verorten. Wie immer möchten wir keine theoretischen Spitzenwerte erreichen, sondern zur Vergesellschaftung von (Handlungs-) Wissen beitragen. Auch Texte jenseits des Schwerpunktes sind willkommen. Wir bitten euch, uns eure Vorschläge bis zum 26.01. zu schicken – eine kurze Beschreibung genügt. Der Redaktionsschluss für fertige Artikel ist dann am 23.02.

arranca! Redaktion, Januar 2017